Donnerstag, 14. April 2016

Über Essen und (Über-) Fressen

Hallo ihr Lieben, 

ich weiß, dass ihr jetzt die Zusammenfassung für Tag 2 und Tag 3 erwartet. Nun die Pläne haben sich geändert, wie ihr an der Überschrift lesen könnt. Heute geht es um meine Fressatacken, die leider wieder zu meinem Alltag gehören. 

Ich habe lange überlegt, ob ich es wagen soll, darüber hier zu schreiben. Der einfachere Weg wäre natürlich einfach das Ernährungstagebuch für die letzten beiden Tage auszudenken, das wäre allerdings eine glatte Lüge. Und zwar würde ich nicht nur euch anlügen, sondern auch mich selbst. 

Die Wahrheit ist nämlich, dass es mir nicht gut geht. Ich habe meine Ernährung und somit auch meine Emotionen nicht in Griff. Während ich diese Zeilen schreibe, habe ich Tränen in den Augen. Ich bin es einfach so leid, ständig mit mir selbst kämpfen zu müssen. Ich würde sooooo unglaublich gerne zu den Menschen gehören, die einen Keks aus der Tüte nehmen und danach aufhören und zwar, nicht weil sie es müssen und dies durch bewusste  Kontrolle machen, sondern weil sie danach einfach zufrieden sind. Ich will mein Essen nicht wochenlang im Voraus planen, um dann doch durch eine Kleinigkeit, wie einen gemeinen Kunden bei der Arbeit, für Wochen vollkommen rausgeschmissen zu werden. Ich will Sport machen, weil es mir Spaß macht und nicht weil ich abnehmen will und das das norwendige Mittel ist.  Ich will in meiner Wohnung keine verschlossene Süßigkeitenschublade haben, weil mein Freund mir helfen, wie auch seine Schätze schützen will. Hilft allerdings nur wenig, weil LIDL und ALDI 300 m entfernt von meiner Wohnung liegen. Die Verkäuferinnen müssen auch denken, dass ich vollkommen paranoid bin: Einen Tag die Woche lade ich meinen  Einkaufswagen mit viel Obst und Gemüse, fettarmen Milchprodukten und Nüssen voll. Um dann an dem nächsten Tag die ungesündesten Sachen überhaupt zu kaufen. Und die dann auch einfach zu verputzen.  Ich mag einfach nicht mehr.....

Tja, genug geheult. Ich habe einfach gar keine andere Alternative. Zu gerne würde ich mein Übergewicht auf schlechte Gene schieben, wie es einige aus meinem Umfeld tun. Aber ich bin ein sehr kritischer Mensch (vor allem zu mir selbst) und ich kann die Augen vor der Wahrheit nicht verschließen. Natürlich tragen meine - in dieser Hinsischt nicht so guten- Gene einen großen Teil dazu bei. Da ich, wie schon einmal berichtet, nach meiner Mutter komme, setzt bei mir schneller sich was auf den Hüften ab. Aber es könnte sich gar nichts absetzen, wenn ich verdammt nochmal nicht diese blöden Fressatacken hätte. 

Was die letzten Tage los war? Ich habe unenterbrochen gegessen. Der Morgen fing immer gut mit gesunden Mahlzeiten an und dann driftete ich langsam in ungesundes, krankhaftes Essen ab. Pi mal Daumen habe ich allein in den letzten beiden Tagen 15000 Kalorien in mich rein gestopft. Und wisst ihr was das Perverse an der ganzen Geschichte ist? Ich mag das Essen einfach nicht. Im Gegenteil, mir geht es richtig schlecht danach. Nicht nur, dass mich schlechtes Gewissen plagt und das Gefühl versagt zu haben, sowie panische Angst vor einer Gewichtszunahme, nein, mein Körper zeigt auch deutliche Krankheitssymptome. Mein ganzer Körper tut weh, ich habe Gliedschmerzen, meine Haut ist überempfindlich und tut beim Drücken weh, ich habe Kopfschmerzen, Pickel und mir ist unglaublich übel. Und trotzdem kann ich dieses Fressen einfach nicht lassen. 

Bleibt die Frage, warum das so ist? Was ist die Ursache und was ist der Auslöser? Die Ursache ist einfach, da brauche ich gar nicht lange zu suchen: Meine Kindheit und frühe Jugend. In Kasachstan konnte es in bestimmten Zeiten schon vorkommen, dass wir nur sehr wenig zu esssen hatten. Für westliche Welt nur sehr schwer nachzuvollziehen, aber es war wirklich so. Wenn dann ein bisschen Nahrung in das Haus kam, haben wir gegessen, als ob es kein morgen gibt. Essen ist und war schon immer für mich mit Trost verbunden. 

Was ist der Auslöser? Auch das ist einfach. In den letzten Tagen habe ich erfahren, dass das Bafögamt sich für den letzten Jahr verrechnet hat und ich 1200 Euro zurückzahlen muss, sodass meine ganzen Ersparnisse, die für den Urlaub dieses Jahr geplant waren, einfach futsch sind. Traurig, tut weh, aber noch kein Untergang. Dann aber, was noch schlimmer ist, ist mein Freund durch die 3. Prüfung in seinem Studium gefallen  und eine mündliche Prüfung  ist die letzte Chance für ihn. Das haben wir schon einmal durch, da musste er mit seinem Studium aufhören. Das war allerdings nach drei Semestern, was zwar schlimm, aber noch kein Weltuntergang war. Tja, jetzt hat er nur noch eine Prüfung und die Bachelorarbeit. Ich fühle mich so hilflos, weil ich einfach nichts bewirken kann. Und diese Hilflosigkeit fühle ich mich mit sinnlosem Essen, obwohl ich eigentlich sparen sollte und keine Unmengen an Geld für das Teufelszeug ausgeben. 

Wie es weiter geht? Das Experiment fange ich morgen vom Neuem an. Ich habe es euch verprochen und das mache ich dann auch. Ziel ist es dabei, nicht abzunehmen, sondern den Fressatacken aus dem Weg zu gehen. Auf die Waage traue ich mich erstmal nicht, damit warte ich noch ein bisschen. 

Ich hoffe, ihr habt bis zum Schluss durchgehalten. Tut mir Leid, dass ich euch so zugetextet habe. 

Gute Nacht Anna

4 Kommentare:

  1. Hallo Anna,

    es tut mir wirklich Leid, dass es dir momentan nicht so gut geht und ich wünschte, ich könnte dir super Tipps geben, die dir helfen, da durch zu kommen.
    Ich habe kürzlich ein sehr gutes Video von einem Mädchen gesehen, das auch Fressattacken hatte und sie hat erklärt, dass sie irgendwann einfach gesagt hat, sie kann essen was sie will und es ist egal, wenn sie dabei zunimmt (was ja auch ein Ansatz beim Behandeln von Essstörungen ist). Nachdem sie sich das wirklich erlaubt hat, hat sie einfach eine Zeit lang alles gegessen, was sie wollte, hauptsächlich sehr ungesund, bis sie sich bereit gefühlt hat gesund zu essen, bis sie auch wirklich wieder gesund essen wollte und seitdem hat sie keine Fressattacken mehr. Ich weiß nicht, ob sowas bei jedem gut funktioniert, vor allem, wenn man weiß, dass man ja irgendwann wieder abnehmen möchte, aber ich denke der Gedanke, dass es ok ist, wenn man Fressattacken hat, könnte vielleicht schon dabei helfen keine zu bekommen oder diese zu reduzieren. Weil ein Teil in einem isst ja dann auch diese Mengen mit dem Hintergedanken, "ich hab's jetzt eh versaut und weil ich nicht vorhabe nochmal eine Fressattacke zu haben, nutze ich diese jetzt und esse einfach alles. "... Letztendlich kennst du dich am besten und weißt, was dir gut tut. Ich verstehe, dass sowas ziemlich frustrierend ist, aber du schaffst das schon alles! :) Gib dir selbst Zeit und Verständnis und ich wünsche dir ganz viel Erfolg bei deinem Experiment!

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    1. Hallo Teti,

      danke für deine lieben Worte. Ich versuche zur Zeit eine ähnliche Strategie zu fahren. Ich sage mir, dass es ok ist, wenn ich Süßes esse. Und wenn es mal mehr ist, ist es auch in Ordnung. Schlechtes Gewissen bewirkt bei mir noch weitere Anfälle und das ist nun mal kontraproduktiv. Ich suche gleich mal nach dem Video.

      Lg

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  2. Hallo Anna,
    oh man, so ein Rückschlag ist echt besch***. Aber es ist gut, dass du es offen ansprichst und nicht versuchst dich selbst zu belügen. Diese Seite gehört nun einmal zu dir, so wie alle anderen auch.
    Du isst bei Stress. Und zwar nicht ein bisschen, sondern sehr viel.
    Ich wünsche dir einfach alles Gute und viel Erfolg bei deinem Vorhaben. Mehr kann ich von hier leider nicht tun.
    Ich kann dir nur raten, dir professionelle Hilfe zu holen. Auch Fressattacken sind eine Essstörung und gehören vernünftig behandelt. Manchmal muss man einfach nicht allein davor stehen sondern sollte sich Hilfe holen.
    Liebe Grüße
    Alexandra

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    1. Danke Alexandra,

      mir hilft auch die Unterstützung von Weitem sehr. Über professionelle Hilfe habe ich auch schon nachgedacht. Ich weiß nur leider nicht, wie das sich auf meine zukünftige Verbeamtung auswirkt. Ich weiß, dass das gerade wie eine Ausrede klingt, aber so ist es wirklich nicht. Und wenn ich professionelle Unterstützung finde, die nicht in meinen Krankheitsunterlagen auftaucht, bin ich sofort dabei.

      LG Anna

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